Der Bunker im Zahlenprofil
Tief verborgen in den Wäldern östlich von Berlin liegt ein Bauwerk, das zu den eindrucksvollsten technischen und politischen Hinterlassenschaften der DDR zählt: der Bunker Harnekop. Errichtet in den 1970er Jahren unter höchster Geheimhaltung, diente die Anlage als zentrales Führungsquartier des Ministeriums für Nationale Verteidigung im Falle eines Atomkriegs.
Auf drei unterirdischen Ebenen, geschützt durch bis zu drei Meter dicke Stahlbetonwände, konnten über 400 Personen wochenlang abgeschottet leben und operieren. Ausgestattet mit eigener Stromversorgung, Wasseraufbereitung, Belüftungssystemen und Kommunikationstechnik, war der Bunker darauf ausgelegt, im Ernstfall die militärische Kontrolle aufrechtzuerhalten – unabhängig von der Welt an der Oberfläche.
Der Bau und Betrieb dieser Anlage spiegeln die Bedrohungswahrnehmung und politische Realität der Zeit wider: Kalter Krieg, gegenseitige Abschreckung, Leben im Schatten des Möglichen. Bis zum Ende der DDR war der Standort streng geheim. Erst nach 1990 wurde seine Existenz öffentlich bekannt.
Heute zählt der Bunker Harnekop zu den größten seiner Art in Deutschland – ein einzigartiges Relikt aus einer Ära der Angst, Kontrolle und Vorbereitung auf das Undenkbare. Als Denkmal dokumentiert er nicht nur technische Ingenieurskunst, sondern auch eine Epoche globaler Spannungen, die das 20. Jahrhundert geprägt haben wie kaum eine andere.
Objektbezeichnung: Führungsbunker des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR
Objektkennung: Bunkeranlage OBJ-Dok-Nr. 5000 09180845
Ort: Harnekop, Gemeinde Prötzel, Kreis Märkisch-Oderland
Adresse: Lindenallee 1, 15345 Prötzel OT Harnekop
Bauzeit: 1971–1976
Baumaterial: Stahlbeton (Material-Nr. 5280)
Konstruktion: Massivbauweise (Technik-Nr. 5300)
Geschosszahl: 3 unterirdische Ebenen
Gesamtnutzfläche: ca. 7.000 m²
Wandstärken: bis zu 3,20 m Stahlbeton
Gesamtlänge der Gänge: über 2 km
Schutzkapazität: für ca. 450 - 500 Personen
Anlagebestand: Bunkeranlage mit Stabsgebäude, Tarnaufbauten, Zufahrtsstraße und Wachgebäude
Deckname: Schutzbauwerk 16/102, Hilfsnachrichtenzentrale 8,
Wartungseinheit 12
Erhaltungsstatus: Denkmalgeschütz
Die Bunkeranlage Harnekop misst ca. 63 m in der Länge, 40 m in der Breiteund erreicht eine Gesamthöhe von 21,75 m. Rundum wird sie von einer Zerschellschicht mit einer Überkragung von etwa 12,50 mgeschützt, wodurch sich deren Gesamtfläche auf ca. 88 m × 65 mbei einer Dicke von 4,50 merstreckt.
Das Bauwerk umfasst drei unterirdische Hauptetagen, die unter einem Zwischengeschoss mit 2/3 Kiesfüllungliegen:
1. Untergeschoss:Lagezentrum, Stabsbereiche, Arbeitsräume, medizinischer Punkt, Schleusenbereich, Filtersektionen, Druckluftanlage
2. Untergeschoss:Schlafräume, Küchen, Speisesäle, Arbeitsräume, Klimazentrale, Kühlwasserverteilung, Dieselabgasführung
3. Untergeschoss:Nachrichtenzentrale (Funk, Fernmelde- und Fernschreibtechnik), Dispatcher, EDV-Anlage, Hochspannungs- und Notstromversorgung
Die Bunkeranlage wurde in monolithischer Bauweise mittels Gleitschalungerrichtet. Insgesamt wurden etwa 40.000 m³ Stahlbetonverbaut.
Wand- und Deckenstärken (Stahlbeton):
Zerschellschicht: ca. 4,50 m
Kernschutzdecke: ca. 1,50 m
Zwischendecken: ca. 0,80 m
Bunkersohle / Fundamentplatte: ca. 3,00 m
Außenwände: ca. 1,50 m
Tragende Innenwände: ca. 1,50 m
Zum Schutz gegen elektromagnetische Impulse (EMP) wurde das Bauwerk außen zusätzlich mit einem 6 mm starken Stahlmantelumhüllt.
Der Bunker Harnekop verfügte über eine hochkomplexe technische Infrastruktur, die auf autarken Dauerbetrieb unter Extrembedingungen ausgelegt war.
Die Dispatcherzentralebildete das Herzstück des technischen Wartungsdienstes. Sie war rund um die Uhr mit zwei Technikern besetzt – einer davon ausschließlich für die Energieversorgung unter allen denkbaren Einsatzbedingungen zuständig. Von hier aus wurden sämtliche lebenswichtigen Systeme überwacht, geregelt und gesteuert. Der Bunker war dabei auf drei Betriebsweisen vorbereitet:
Betriebsweise I – Normalbetrieb:ca. 30 % Frischluftzufuhr über Grobstaubfilter
Betriebsweise II – Schutzbetrieb:ca. 15 % Frischluftzufuhr über Staub- und Kampfstofffilter
Betriebsweise III – Verschlussbetrieb:hermetischer Totalverschluss ohne Frischluftzufuhr
Die Nachrichtenzentralewar für die militärische Kommunikation ausgelegt. Sie umfasste:
250 Fernsprechleitungen
100 Fernschreibleitungen
eine Rundfunkübertragungsleitung
Anschluss an das Richtfunknetz der NVA
20 getrennte Empfangskanäle für Funkverkehr
die automatische Telefonzentrale ATZ 65
eine interne Rohrpostanlage
spezielle Erdantennen zur signalgeschützten Kommunikation
Diese Ausstattung ermöglichte einen vollständig eigenständigen Betrieb, unabhängig von externer Versorgung oder Infrastruktur – selbst im Krisen- oder Kriegsfall.